Johann Wilhelm Ludwig Gleim (1719-1803) war einer der meistgelesenen Dichter seiner Zeit und mit vielen anderen Dichtern und Denkern eng befreundet. Freundschaft war Kult im 18. Jahrhundert, und Gleim war der vielleicht leidenschaftlichste Vertreter dieses Kults. Als Dichter, als Genie der Freundschaft, als Literaturaktivist und -förderer war er eine zentrale Figur in der literarischen Kommunikation der Aufklärung.
Schon Gleims Erstlingswerk wurde ein sensationeller Erfolg: scherzhafte Gedichte von Wein und Liebe (1744) nach dem Muster des griechischen Dichters Anakreon. Noch erfolgreicher wurden seine Gedichte auf Friedrich II. von Preußen und dessen Feldzüge im Siebenjährigen Krieg. Auch als Fabeldichter war Gleim weithin bekannt. Mit diesen und weiteren Dichtungen setzte er Impulse für die literarische Entwicklung. Unter den großen Briefschreibern der Epoche war er einer der profiliertesten.
Schon früh begann Gleim, seine Freunde in Bildnissen um sich zu versammeln. Mit den Jahren füllten sich die Wände. Zugleich wuchs seine Bibliothek. Seine Briefwechsel mit über 500 Personen nahmen Züge eines Handschriftenarchivs an. Gleim erweiterte diese Sammlungen planvoll, um die literarische Entwicklung und die Freundschaftskultur seiner Zeit zu dokumentieren, und sorgte testamentarisch für ihre Aufbewahrung.
Nach seinen literarischen Erfolgen war Gleim als der ‚deutsche Anakreon‘, als der ‚preußische Grenadier‘ oder als der ‚Hüttner‘ bekannt. Die tatkräftige Unterstützung vieler jüngerer Dichter brachte ihm den Beinamen „Vater Gleim“ ein. Bis ins hohe Alter war er eine Instanz in der literarischen Welt, obwohl längst eine neue Generation den Ton angab.
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Das 18. Jahrhundert, das Zeitalter der Aufklärung, gilt auch als „Jahrhundert der Freundschaft“. Gleim selbst war ein Genie der Freundschaft. Freundschaft in dieser Zeit war gebunden an neue Wertvorstellungen und Emotionalität.
Gleim und seine Zeitgenossen orientierten sich am Modell der Tugendfreundschaft, die in der Antike durch Aristoteles vertreten war. Diejenigen nannten einander Freund und Freundin, die die (neuen) Werte der Aufklärung vertraten. Freundschaft wurde nicht nur in persönlichen Begegnungen gelebt, sondern in Briefen. Da immer mehr Menschen des Lesens und Schreibens kundig waren, entwickelte sich eine neue schriftliche Freundschaftskultur. Bis heute ist Freundschaft wichtig für Menschen und auch für die Gesellschaft. Wie hat sich Freundschaftskultur im Lauf der Jahrhunderte verändert? Wie erleben wir Freundschaft im eigenen Leben? Wie verändern sich soziale Verbindungen durch neue Medien? Wie stehen Liebe und Freundschaft zueinander? Das Gleimhaus als Museum der Freundschaft lädt zur Auseinandersetzung mit Fragen nach Freundschaft in der Vergangenheit und Gegenwart ein.
Toleranz (oder Duldsamkeit) war eines der großen Ideale der Aufklärung. Aus zwei zentralen Gedanken der Epoche ergab sich dieses wie von selbst: Nämlich dass alle Menschen von Natur aus mit Würde und Grundrechten versehen sind und dass außerdem die verschiedenen Religionen und Konfessionen einen gemeinsamen Kern haben.
Die Religionen haben viel miteinander gemeinsam – diese Idee war nicht ohne weiteres offen auszusprechen. Der Philosoph Christian Wolff wurde 1723 von seinem Lehrstuhl an der Universität Halle vertrieben, da er erklärt hatte, auch Chinesen könnten tugendhaft sein. Nach christlichem Verständnis konnte nur der Christ wissen, was Gott wolle. Und noch gegen Ende des Jahrhunderts sah sich Lessing veranlasst, diese Gedanken nicht unverhüllt darzulegen, sondern sie in ein Bühnenstück zu kleiden: „Nathan der Weise“.
In aufklärerischen Staaten war Religionsfreiheit Staatsraison. So erklärte der preußische König Friedrich II., jeder solle „nach seiner Façon selig werden“. Politisch gesehen war dies pragmatisch, denn die Integration von gut ausgebildeten Menschen auch anderer Religionen oder anderer Herkunft vermehrte den Wohlstand.
Toleranz wurde im 18. Jahrhundert zumeist auf die Religion bezogen, daneben jedoch auch auf Kultur und Anthropologie. So meinte etwa Herder, dass es bei Menschen und Kulturen durch Geografie und Erfahrungen zu einer großen Vielfalt komme, nicht jedoch zu verschiedener Wertigkeit. Von der Verschiedenheit der Religionen, Kulturen und Ethnien rückte der Blick auf die Gemeinsamkeit, das Allgemeinmenschliche.
Die Aufklärung begann nicht mit einer Jahreszahl und vor allem ist sie nicht abgeschlossen. Aber sie prägte ein Jahrhundert in ganz besonderer Weise: Das 18. Jahrhundert gilt als die Epoche der Aufklärung. Die geistige Bewegung erfasste ganz Europa. Im Namen der Vernunft wurde ein Kampf gegen Vorurteile und Aberglauben geführt.
Die Wissenschaften unternahmen große Anstrengungen zur Erforschung der Welt und der Naturgesetze. Gegenüber Offenbarungsreligion und Wunderglauben war man skeptisch geworden. An ihrer Stelle bildete sich die Vorstellung einer vernunftgegründeten ‚natürlichen‘ Religion.
Nicht mehr die Erbsünde bestimmte nun das Bild des Menschen, sondern dessen Vernunft, Gemeinschaftssinn und Rechtsempfinden. Anstatt auf Erlösung im Jenseits zu warten, suchte der Mensch fortan Glück und Erfüllung im irdischen Leben. Neu war die Idee, dass alle Menschen von Natur aus mit Grundrechten versehen seien. Daraus folgte eine neue Bestimmung: Gemeinwohl als Staatsziel.
Die ganze Epoche hindurch herrschte die Gewissheit, dass Vernunft und Bildung einen Fortschritt erbringen würden. Dabei kam der Erziehung zum Menschen wie auch zum Bürger eine bedeutende Rolle zu. In dieser Vision einer ethischen Zukunft konnte der Einzelne wiederum zum Gemeinwohl beitragen.
Aufklärung ist Bewegung – bis heute.
Menschheit, Menschlichkeit, Menschenrechte, Menschenpflichten, Menschenwürde, Menschenliebe – dies alles beinhaltet der Begriff „Humanität“. Durch die Schriften Johann Gottfried Herders wurde er in der Aufklärung zum Programm.
Vernunft und Güte machen den Menschen aus. Sie seien jedoch im Menschen zunächst nur angelegt, so Herder. Erst durch die Ausbildung dieser Anlagen gelange der Mensch zu Humanität. Dass dies überhaupt möglich ist, sei wiederum eine Eigenheit des Menschen. Denn nur er verfüge über Vernunft und Sprache und damit über die Fähigkeit, sich zu vervollkommnen.
Damit fällt der Bildung eine zentrale Rolle zu. Bildung ist dabei als der Erwerb von Wissen und Fertigkeiten zu verstehen, aber mehr noch als Entfaltung der Persönlichkeit – als Bildung des Menschen zum Menschen. Ihre Ziele sind Handlungsfreiheit innerhalb des eigenen Lebens und Wirksamkeit für die Gesellschaft.
Damit verbunden war die Zuversicht, Bildung werde zur Vervollkommnung des Einzelnen und der Gesellschaft führen. So konnte er von einem beständigen Fortschritt ausgehen.