Die Literaturpreise des Gleimhauses, sowohl der Preis für ein wissenschaftliches Werk als auch der Schüler-Preis dienen dem ehrenden Andenken an den Halberstädter Dichter und Aufklärer Johann Wilhelm Ludwig Gleim.
Der Gleim-Literaturpreis wurde durch den Förderkreis Gleimhaus e.V. in Verbindung mit der Stadt Halberstadt auf der Basis einer privaten Spende 1995 ins Leben gerufen. Seitdem werden im zweijährigen Abstand deutschsprachige Forschungsarbeiten ausgezeichnet, die einen bedeutenden Beitrag zur Erschließung der Kulturgeschichte des 18. Jahrhunderts leisten und die so verfasst sein sollten, dass sie auch ein größeres Publikum erreichen. Der Preis zeichnet nicht eine Autorin oder einen Autor aus, sondern ein Buch, das innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Preisverleihung erschienen ist.
Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Er wird finanziell unterstützt durch die Harzsparkasse Halberstadt, das Kuratorium Stadtkultur Halberstadt und die C. H. Beck Stiftung München.
Jury
Prof. Dr. Alexander Košenina, Universität Hannover
Dr. Angela Steidele, Köln
Dr. Ute Pott, Gleimhaus Halberstadt
Prof. Dr. Jürgen Goldstein, Universität Koblenz-Landau
Dr. Eva Seemann, Deutsches Historisches Institut Paris (Preisträgerin 2023)
Eva Seemann macht deutlich, dass kleinwüchsige Menschen an deutschen Höfen der frühen Neuzeit bis zum 18. Jahrhundert oft zentrale Funktionen übernahmen als Vertraute, Berater, politisch Handelnde (und nicht nur als Unterhalter und Spaßmacher). Mit dieser Publikation wird erstmalig das Gesamtphänomen sichtbar, das zwischen Absolutismusgeschichte, Zeremoniell, Kunst- und Literaturgeschichte zu verorten ist. Verständlich, schnörkellos und klar legt Eva Seemann ihre Forschung dar, der ein immenses Archivstudium zugrunde liegt.
Heinrich Detering liefert Fallstudien zu Texten, die die Wechselwirkungen zwischen Pflanzen, Tieren und Menschen zum Thema haben. Er entfaltet ein Ideen-Panorama, das fasziniert und das deutlich macht, wie sehr es sich lohnt, auch bekannte Texte, etwa von Goethe (u.a. „Faust“), Lichtenberg oder Novalis noch einmal neu und genau zu lesen.
In seinem Werk beschreibt Patrick Stoffel in sprachlich eleganter Form, wie sich in Texten des 18. Jahrhunderts die Naturwahrnehmung der Alpen von einem Mahnmal der Sintflut zum Ort der Erziehung, Bildung und des Wohnens änderte.
Hagedorns spannend erzählte Geschichte, die vom 17. in das 18. Jahrhundert sowie in unsere Gegenwart führt, macht zum einen das weit gespannte Netz der Bach-Familie vor dem ‚großen‘ Bach deutlich und dokumentiert zum zweiten den Weg des Forschers, der sich aus konkreter objektiver Überlieferung, vermuteten Fakten, vergleichbaren historischen Phänomenen, Hinweisen anderer Wissenschaftler und Suchender sein eigenes, geprüftes Bild der Vergangenheit machen muss.
Jürgen Goldstein zeichnet mit großem erzählerischem Talent das kurze und überaus ereignisreiche Leben des Schriftstellers, Übersetzers, Forschungsreisenden, Revolutionärs und Zeichners Georg Forster (1754-1794) nach. Er stellt hierbei die Naturwahrnehmung und die Wahrnehmung fremder Völker anhand zahlreicher Texte Forsters in den Mittelpunkt.
In diesem Buch wird informativ und auf erzählerische Weise in Leben und Werk Jean Pauls (1765-1825) eingeführt, der vor 250 Jahren das Licht der Welt erblickte, entbehrungsreiche Jahre erlebte und schließlich zum gefeierten Autor wurde. Jean Paul nimmt eine singuläre Position in der Literatur des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts ein.
Das Buch von Philipp Blom gibt einen faszinierenden Einblick in das intellektuelle Kräftefeld im Paris der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, in die Debatten, die im Salon des Baron Paul Henri Thiry d'Holbach geführt wurden, und in die bisherige Rezeption der französischen Aufklärung. Mit Kenntnis und großem erzählerischen Talent präsentiert Blom seine Darstellung des vorrevolutionären Frankreichs.
In dieser grundlegenden Arbeit zur Rezeptionsgeschichte und zur 18.-Jahrhundert-Forschung rekonstruiert Mark-Georg Dehrmann die Aufnahme der Werke des Schriftstellers und Philosophen Anthony Ashley Cooper, des dritten Earl of Shaftesbury (1671-1713), von den Anfängen bis zu Wieland und Herder auf wissenschaftlich fundierte und sprachlich souveräne Weise.
In diesem Buch, das eine Summe seiner Beschäftigung mit dem Zeitalter der Aufklärung, Klassik und Romantik darstellt, zeichnet Günter de Bruyn auf eindringliche, kluge Weise mit großer schriftstellerischer Eleganz ein kulturelles Porträt Berlins in der Zeit der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert.
In ihrer Arbeit über Catharina Margaretha Linck rekonstruiert und erzählt Angela Steidele auf der Grundlage umfangreicher Quellenrecherchen das erstaunliche Leben einer Frau, die im frühen 18. Jahrhundert als Mann verkleidet lebte und 1721 vermutlich als europaweit letzte Frau für die Unzucht mit einer anderen Frau hingerichtet wurde.
Christoph Schulte gibt in seiner Gesamtdarstellung der jüdischen Aufklärung (Haskala) einen Überblick über die bedeutendsten Anliegen und Debatten zur Aufklärung in der jüdischen Minderheit, stellt die wichtigsten Vertreter mit ihren jeweiligen Auffassungen und Argumentationen vor und präsentiert damit ein vielschichtiges Bild der Motive und Ziele der Haskala.
Martin Geck entwirft in seiner Studie ein facettenreiches Bild von der Biographie sowie dem Werk des berühmten Thomaskantors und städtischen Musikdirektors in Leipzig. Sein mit Spannung zu lesendes Buch besticht durch seine sprachliche Eleganz und den reflektierten Umgang mit den historischen Quellen, die nicht nur die Fachleute, sondern auch die Musikliebhaber und interessierten Leser überzeugt.
Jürgen Osterhammel untersucht in seiner breit angelegten kulturhistorischen Studie unter Zuhilfenahme zahlreicher Quellen die europäische Wahrnehmung Asiens im 18.Jahrhundert. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Globalisierungsdiskussion ist der Blick ins „Aufklärungszeitalter“ lehrreich; Osterhammel fördert hierbei überraschende Erkenntnisse zutage.
Gudrun Gersmann untersucht in ihrer glänzend geschriebenen Studie inwiefern bzw. auf welchen Wegen sich in der Literaturwelt des Ancien Régime tatsächlich die Revolution vorbereitet hat – wie z.B. die Zensur funktionierte, wie der Untergrundbuchhandel organisiert wurde und wie die Untergrundautoren jenseits der Akademien und Salons lebten.
Heinz D. Kittsteiners Buch zeichnet die sich wandelnde Vorstellung von „Gewissen“ zwischen Reformation und Aufklärung nach. Anhand von zum Teil unbekannten Quellen dokumentiert der Verfasser diesen Wandlungsprozess.
Das Gleimhaus verleiht seit 1996 jährlich für Schülerinnen und Schüler der Klassen 5-12/13 des Landkreises Harz den Gleimhaus-Literaturpreis. Die Ausschreibung mit der Formulierung des Themas erfolgt im Dezember. In drei Altersgruppen (Klassenstufe 5-6, 7-9 und 10-12/13) werden die drei jeweils bestplatzierten Arbeiten ausgezeichnet. Der Preis wird ausschließlich aus Spenden finanziert.
Wir bedanken uns herzlich bei den Sponsoren: dem Kuratorium Stadtkultur; der AMEOS Klinikum Halberstadt GmbH und der HalberstadtWerke GmbH für die finanzielle Unterstützung zur Ausrichtung des Literaturwettbewerbs.
5.-6. Klasse
1. Platz: Nella Böhme, „Die Zeitreiseoma“
2. Platz: Martin Gorski, „Zwischenzeit“
3. Platz: Mira Posselt, „Freundschaft für immer“
7.-9. Klasse
1. Platz: Ananya Bönisch, „Der Mann vor der Tür“
2. Platz: Johanna Schult, „Allein“
3. Platz: Mara Asemota, „Ein Spaziergang durch die Zeiten“
10.-12. Klasse
1. Platz: Magdalena Richter, „Zeitvergessen“
2. Platz: Renske Fischer, „Zwischen den Zeiten“
3. Platz: Jasmina Hahn, „Zeit vergisst nicht“